Bali - im Land des Laechelns

Jeder, der schon mal auf Bali war, kann sich sicher an die unglaubliche Schoenheit dieser Insel erinnern. Schoenheit nicht nur im Sinne des optischen Anblicks sondern auch die Schoenheit, die diese Insel und ihre Bewohner ausstrahlen. Die Balinesen sind immer und ueberall freundlich und laecheln von morgens bis abends, egal ob gross oder klein – und es ist ansteckend, das Laecheln, die Freundlichkeit, die Gelassenheit. Wie schon Eric-Emmanuel Schmitt in seinem Buch Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ eroerterte: „Nicht Glück bringt das Lächeln zum Vorschein. Sondern umgekehrt: Lächeln macht glücklich. ... und dass höflich sein gut ist. Dass jedoch freundlich sein noch besser ist...“ Eine unglaublich schoene Weisheit, die in Bali verstanden und gelebt wird und dadurch eine angenehme Atmosphaere von Ruhe und Gelassenheit vermittelt.
"Perfekter" Start nach erfolgreicher Landung
 
Der Flieger landete kurz nach Mitternacht in Denpasar. Draussen wartete mein Abholservice und drinnen ich, und zwar auf mein Gepaeck. Und wie es um die Uhrzeit nicht besser haette passen koennen, mein Rucksack war irgendwo auf dem Weg von HK nach Bali verschollen, hoechstwahrscheinlich in Singapore. Aber das sollte in dieser Nacht noch nicht alles an „ungluecklichen Zufaellen“ sein: Jim, mit dem ich die Unterkunft klar gemacht hatte, war nicht wach zu kriegen. Trotz mehrmaligen Haemmerns an die Tuer und sonstigen Weckversuchen bekamen Blondie und ich ihn nicht wach...
der Retter in der Not
der Retter in der Not
Da stand ich also morgens um eins mitten in Tuban ohne Hab und Gut, ohne eine Schlafmoeglichkeit und dazu mit einem mir voellig unbekannten Balinesen namens Blondie. Aber zu jedem Unglueck gibt es natuerlich ein Happy End. Blondie brachte mich zum „AA Hotel“ gleich um die Ecke. Die Rezeption war um die Uhrzeit noch besetzt und ein Zimmer hatten sie auch fuer mich. Was fuer ein Segen! Und so landete ich in einer WG-aehnlichen Unterkunft mit „surfenden“ Australiern. Blashy, den ich unten an der Rezeption kennenlernte, half mir mit den wichtigsten Hygieneartikeln wie Zahnbuerste, Zahnpasta, etc. aus und lud mich zu dem ein oder anderen Bintang ein.
 
Die Nacht war kurz, ein neuer Tag begann und somit die Hoffnung auf meinen verschollenen Rucksack. Draussen war es heiss und ich sehnte mich nach sauberen und luftigen Klamotten. Nach einigen Telefonaten mit dem Airport in Bali, der erloesende Satz „Wir haben Ihr Gepaeckstueck orten koennen und es wird Ihnen in ein paar Stunden ins Hotel geliefert“. Was fuer ein Fest, mein Hab und Gut fuer die naechsten Monate, mein momentaner Besitz, welcher gerade mal aus 17,5 Kilo besteht, war nur noch ein paar Stunden von mir entfernt.

Eine Welle, ein Wahn. Was steckt wirklich dahinter?
Bali gilt als das Surfparadies schlechthin. Ueberall an den Straenden von Tuban, Kuta, Legian und Seminyak reihen sich die Surfschulen aneinander. Quicksilver, Billabong und Ripcurl Shops sowie riesige Factory Outlets sind an jeder Ecke, in jeder Strasse zu finden. Wo man geht und steht wird man mit Auslaeufern der Surfindustrie konfrontiert. Und wir mitten drin.
 
Da liegt es quasi auf der Hand, dass man zumindest mal den Versuch startet, herauszufinden, was sich hinter diesem Wahn und der „perfekten Welle“ verbirgt. Ausser dass es cool aussieht, mit einem Surfboard den Strand auf- und abzulaufen und anscheinend eine Menge Spass bringt, hatte ich bis dato keine Ahnung, was wirklich dahinter steckt, ob es schwer ist oder nicht...
 
Also ging's ab nach Seminyak, die Surfspots sind hier am besten fuer Beginner geeignet und es wimmelt nur so von Surfschulen. Man hat die Wahl zwischen weniger professionellen und professionellen. Wir entschieden uns fuer die zweitere Art und buchten einen Kurs fuer Einsteiger.
Am Folgetag ging’s auch schon los. 10 Uhr war Treffpunkt an der Surfschule. Nach ein paar Aufwaermuebungen (Strandlauf und Stretching) kamen die Trockenuebungen. Eine pinke Fitnessmatte fungierte als Surfboard. Direkt am Strand wurde uns das 1x1 des Surfens in einfachen Schritten erklaert und demonstriert: „Rauf auf die Matte, hinlegen, Haende in Hoehe des Brustkorbes positionieren und mit einer fliessenden Bewegung in den Kniestand springen, so dass beide Fuesse mittig zum Brett und den Haenden stehen – wichtig: immer den Blick nach vorne gerichtet“. Hoerte sich einfach an, war es zu Lande auch...
Dann ging’s mit dem Longboard unter’m Arm ab zum Wasser. Bis zu dem Zeitpunkt sahen wir auch ganz cool aus – so in Surfershorts, -shirt und mit Board... doch dann kam der Helm. Die Coolness wandelte sich von einer Sekunde zur anderen in komplette Uncoolness. Ehrlich gesagt, sahen wir eher aus wie Deppen und dienten hoechstwahrscheinlich der Unterhaltung der am Strand liegenden Urlauber. Tja, manchmal ist es hart ein „Beginner“ zu sein, aber jeder faengt irgendwann mal an...
 
Und als ich die ersten „Babywellen“ catchte, war ich ganz froh ueber den Schutz auf dem Kopf. Denn im Sog der Welle kann man schon das eine oder andere Mal die Orientierung und insbesondere das Board verlieren. Zwei Stunden lang hiess es nun: Perfekte Welle abwarten, rauf auf’s Brett, mit der Welle gleiten und innerhalb von Zehntelsekunden in den Hockstand springen, Balance halten und STEHEN. Letzteres klappte, wenn’s hoch kommt, gerade mal eins, zwei, drei gefuehlte Sekunden. Wahrscheinlich war es jedesmal nur ein Bruchteil einer Sekunde, aber es war ein grossartiges Gefuehl. Und dann hiess es, wieder alles von vorne. Auf zu den Wellen, warten, auf’s Board schwingen, Balance halten und... stehen, fallen, stehen, fallen. Das Fallen ueberwiegte wohl eher als das Stehen. Hinzu kam, dass nach eins, zwei Stunden auch die Kraft in den Armen nachliess und in meinem Magen mehr Salzwasser als alles andere war.
 
Meine Bilanz der ersten Surfstunde war nicht gerade motivierend, denn ich stand höchstens fuenf oder zehn von zwanzig Malen auf dem Brett. Und das auch nur im vorderen Bereich, wo die Wellen wahrscheinlich nur eine Hoehe von einem halben Meter hatten. Aber es machte irre viel Spass!
Die darauffolgenden zwei Tage lernten wir noch weitere Techniken, z.B. wie man paddelt und das Board nach links und rechts steuert. Jedoch hatte ich am ersten Tag meinen Knoechel angeknackst und konnte nicht mehr alle Uebungen mitmachen. Unser Lehrer verpasste mir eine „Sandtherapie“ – er buddelte ein tiefes Loch, setzte meinen Fuss hinein, packte eine grosser Tuete Eiswuerfel auf den Knoechel, schaufelte alles wieder mit Sand zu und meinte, ich sollte so 45 Minuten ruhig sitzen bleiben. Und es half wahrhaftig, die Schmerzen liessen nach und ich konnte wieder einigermassen auftreten, aber Surfstunden waren fuer die naechsten Tage erstmal passé...
sie kennen kein Erbarmen
sie kennen kein Erbarmen
Fazit
Das Warten auf die perfekte Welle und den Wahn kann ich nun schon eher nachvollziehen. Fuer einige Sekunden gehoerte ich dazu, zur coolen Surfergemeinde. Das Wichtigste ist jedoch, den „Take-off“, das Aufstehen auf dem Brett, reibungslos hinzubekommen. Das heisst fuer die Zukunft: Ueben, ueben, ueben!!! Aber es macht auf alle Faelle super viel Spass und ich werde in Australien an der Stelle weitermachen, wo ich auf Bali aufgehoert habe... Allerdings nur dort, wo keine Haie in Sicht sind. Versprochen!

Ubud - ein Zentrum im Zentrum

Kulturell, kunstvoll, zauberhaft! Ubud ist ein Ort mit Charme und Charakter. Diese kleine Kuenstlerstadt liegt im Landesinneren, im Zentrum von Bali, eingebettet in eine wunderschoene Landschaft mit saftiggruenen Reisfeldern und idyllischen Tempelanlagen. Unzaehlige Kuenstlergalerien, eine Vielzahl kleiner Schmuckgeschaefte, balinesische Modeboutiquen, Cafes, Restaurants und Bars, in denen man abends gemuetlich einen Wein oder ein Bintang trinken kann, laden zum Realaxen und Verweilen ein.
Kein Wunder, dass es uns zwei Mal in diesen Ort verschlagen hat. Er hat uns einfach magisch angezogen. Nicht zuletzt wegen der laendlich unberuehrten Natur rund um Ubud. Hier kann man superschoene Wanderungen und Spaziergaenge mitten durch verschlafene Doerfer sowie endlos gruene Reisfelder machen und somit authentisches balinesisches Leben kennen lernen..
Bei unserem zweiten Besuch in Ubud wurden ueberall Vorbereitungen fuer den Nationalfeiertag Kuningan getroffen. Strassen und Haeuser wurden liebevoll mit Bambusstaeben geschmueckt. Am Morgen des 7. Juli sah man ueberall festlich gekleidete Balinesen. Wie jeden Tag vollzogen sie ihre religiösen Zeremonien und Rituale, indem sie vor jeden noch so kleinen Altar, vor jeden Hauseingang den Goettern ihre Opfergaben in kunstvoll geflochtenen Bambusschaelchen niederlegten. Diese waren meist mit Reis, Blueten, Raeucherstaebchen, manchmal auch mit anderen Dingen wie Suessigkeiten gefuellt. Dieser Nationalfeiertag, einer der wichtigsten auf Bali, gilt als Abschluss der Galungan-Festperiode und Gedenktag der Seelen aller Verstorbenen.
Die Geheimnisse der balinesischen Kunst
Ueberall in Ubud werden Kurse verschiedener Art angeboten. Beim ersten Besuch belegte ich einen Batik Painting Kurs. Der „Kursraum“ war auf einem Hinterhof in einer kleinen Seitenstrasse. Zwischen den Gemaelden liefen Huehner kreuz und quer, aus der einen Ecke hoerte man ein Schwein quiecken und aus der anderen einen Hahn kraehen – wie auf einem deutschen Bauernhof.
Nyomad, mein Lehrer, gab mir einen Sarong als Schutz. Denn, was ich vorher nicht wusste, Batikmalerei besteht zu fast sechzig, siebzig Prozent aus Wachstechnik. Als erstes skizziert man mit Bleistift ein Motiv seiner Wahl auf die Leinwand, meine Entscheidung fiel auf den kleinen suessen Gecko. Anschliessend werden alle Outlines mit heissem braunen Wachs nachgezogen und das gesamte Bild wird mit verschieden Batikfarben eingepinselt. Dann kommt der weisse Wachs zum Fuellen des Motivs. Um verschiedene Strukturen zu erreichen, werden einige Abschnitte des Hartwachses gebrochen, damit die Farbe in diese Rillen eindringen kann. Danach wird das Bild nochmal komplett mit Farbe eingestrichen und zum Schluss alles mit kochendem Wasser ausgewaschen, um die Wachsspuren zu entfernen... Und voila: mein erstes Batik-Gemaelde war fertig!
Am liebsten haette ich noch einen Painting-Kurs belegt, aber man will ja auch mal was anderes kennen lernen. Schmuckdesign fand ich schon immer spannend, also hab ich mich bei unserem zweiten Ubud-Aufenthalt beim „Studio Perak“ zur Silver Making Class angemeldet. Es war uns ueberlassen, welche Art Schmuckstueck wir anfertigen wollten, ob mit Steinen oder ohne. Ich entschied mich fuer Kettenanhaenger. Das Design skizzierte ich vorher auf ein Blatt Papier. Danach wurde das Silberplaettchen ausgesucht und los ging’s: Drei Stunden hiess es nun haemmern, feilen, polieren, mit dem Bunzenbrenner das Silber erhitzen und in Form biegen, dann wieder haemmern, stanzen, feilen, polieren... Und das ist das Ergebnis von 180 Minuten Arbeit: zwei kleine silberne Kettenanhaenger.

Balinesische Gastlichkeit in Lovina

Wenn man von Ubud Richtung Norden, vorbei an Vulkanen und Bergseen faehrt, kommt man irgendwann in dem kleinen Ort namens Lovina an. Der Strand hier ist anthrazit und verlassen. Nur wenige Touristen sind in der Gegend unterwegs. Nach den Bombenanschlaegen in 2002 hat vor allem der Norden mit dem Rueckgang des Tourismus zu kaempfen, wie uns Einheimische berichteten. Hier spuert man die Auswirkungen auch noch Jahre spaeter.
Anni
Anni
In unserem Hotel lernten wir Anni kennen. Sie ist fast 26 Jahre alt und arbeitet schon seit Jahren in diesem kleinen Urlaubsdomizil. Wie sie uns mitunter erzaehlte, war sie noch nie in ihrem Leben in einem Restaurant. Was fuer uns schon zur Normalitaet geworden und auf Bali zudem sehr guenstig ist, ist fuer Anni und ihre Familie purer, unvorstellbarer Luxus. Ich war erschrocken und zugleich peinlich beruehrt ueber die westliche Selbstverstaendlichkeit und die Ausmasse unserer Konsumgesellschaft. Sie erzaehlte uns, dass sie am Tag fuer acht Stunden oder mehr gerademal 10.000 Rhupia verdient, was umgerechnet ca. acht Euro sind, im Monat knapp 240 Euro. Fuer Kranken- oder Urlaubstage gibt es kein Geld. Den einzigen Luxus, den sie sich goennt und was ungefaehr 80 Prozent ihres Monatsgehalts ausmachen, sind die Raten fuer ihren eigenen Motorroller. Miete muss sie nicht zahlen, da sie noch bei ihrer Familie wohnt, Essen bekommt sie im Hotel. Viele Menschen auf Bali leben in aermlichen Verhaeltnissen. Jedoch hatte ich den Anschein, dass viele von ihnen und vor allem Anni und ihre Familie teilweise gluecklicher sind, als manch andere in unserer Gesellschaft. Sind wir nicht irgendwie alle Sklaven unserer selbst? Ist es wirklich so wichtig, immer das Beste, das Neueste und Einzigartigste zu haben? Wo sind die wahren Werte geblieben? All diese Fragen gehen einem durch den Kopf, wenn man mit fremden Lebensweisen und fuer uns mittellosen Verhaeltnissen konfrontiert wird. Eine Art Selbstreflektion, die zum Nachdenken anregt. Es ist nicht immer einfach, sich mit der Realitaet zu beschaeftigen, Gewohnheiten zu hinterfragen, doch man lernt eine Menge ueber sich selbst...
 
Nicht aus Mitleid, sondern um Anni eine Freude zu bereiten, luden wir sie zum Dinner in „Jasmins Kitchen“, einem ausgezeichneten Thailaender in Lovina, ein. Anni freute sich ueber diese Einladung und war sichtlich aufgeregt. Um auch uns eine Freude zu bereiten und als Dankeschoen bat sie uns, am Abend darauf ihre Gaeste zu sein. Das war eine unglaubliche Ehre fuer uns! Wir brachten ein kleines Gastgeschenk und ein paar Getraenke mit. Nicht zu viel, denn das wuerde sie beschaemen.
Das Haus, in dem Anni mit ihrer Mutter, ihrem Freund, ihrem Bruder und seiner Familie lebt, war sehr klein und spartanisch eingerichtet. Im Wohnzimmer lag ein grosser Teppich, Moebelierung gab es nicht. Gegessen wurde auf dem Teppich im Schneidersitz. Anni hatte wahrscheinlich den ganzen Tag mit Kochen verbracht: fuenf verschiedene Beilagen, Reis, Huhn und gebratener Tofu. Es war koestlich, aber leider viel zu viel fuer drei Personen. Offensichtlich hat sie am Vorabend unser Ess- und Mengenverhalten genaustens beobachtet und sich gedacht „der Roman ist so viel, da tisch' ich doch gleich mal die dreifache Menge auf“ ;-)